Betreuungsteam erwirbt „Gütesiegel" für Kinderkrippe

Zum Start des rund 18 monatigen pädagogischen Qualifizierungsprozesses bedankte sich die Leiterin des „Hauses für Kinder“ Rebekka Fritz (Mitte) bei den Sponsoren sowie allen Beteiligten

 

RÖTTENBACH/MÜHLSTETTEN(ao): Mit der enormen finanziellen Kraftanstrengung von rund 650 000 Euro errichtete die Gemeinde eine Kinderkrippe, die im Mai offiziell eingeweiht wurde. Seitdem nutzen mehr als 24 Familien das Angebot der Betreuung ihrer Kinder im Alter von fünf Monaten bis zu drei Jahren. Das Personal unter Leitung von Rebekka Fritz wertet dieses große Vertrauen der Eltern als persönliche Verpflichtung, ihr pädagogisches Wirken immer wieder fachkritisch zu reflektieren und auf einen optimalen Standard zu heben.

 

Mit Begeisterung nahm deshalb das Kinderkrippenteam eine eineinhalbjährige Fortbildungsmöglichkeit auf, die vom Jugendamt Roth unter Leitung von Dr. Manfred Korth und Ilse Hoffinger in Zusammenarbeit mit dem „Kompetenzzentrum für kindliche Entwicklung" in Altdorf angeboten wurde. Schwerpunkt dabei sind die von Ausbildungsleiter Bernd Held konzipierten „Qualifikationskurse zur Fachpädagogin für das Kleinkindalter 0 bis 3 Jahre". Rund achtzehn Monate lang stellt sich dabei das Röttenbacher Krippenteam mit seiner Arbeit einer fortlaufenden fachlichen Überprüfung und erwirbt mit dieser Zertifizierung am Ende das begehrte „Gütesiegel" für seine Einrichtung.

 

Landrat Herbert Eckstein unterstützt nachdrücklich dieses Vorhaben und regte an, dass das Jugendamt Roth nach dem guten Anfang in Röttenbach in den nächsten beiden Jahren geeignete Fortbildungsprozesse der Kinderkrippen des ganzen Landkreises finanziell fördert. Ilse Hoffinger unterstrich bei einem kürzlichen Treffen der Führungskräfte in Röttenbach die hohe Bedeutung einer pädagogischen Zertifizierung: Neben dem bedarfsgerechten Ausbau von Krippenplätzen in den Einrichtungen des Landkreises seien nunmehr die Ausbildung und berufsbezogene Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte zentrale Instrumente der Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung im System der Tageseinrichtungen für Kinder. Ob künftige Generationen den Ansprüchen, Herausforderungen und Belastungen gewachsen sein werden, hänge weitgehend von der Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen in allen Lebensphasen ab.

 

Der Fortbildungsleiter vom „Kompetenzzentrum für kindliche Entwicklung" in Altdorf. Dipl.Soz.Päd. Bernd Held verwies ebenfalls darauf, dass die Qualität einer pädagogischen Einrichtung vor allem von der Kompetenz des Personals bestimmt wird und erklärte weiter: Das Kinderförderungsgesetz sehe vor, dass bis Juni 2013 für jedes dritte Kind eine „professionelle Fremdbetreuung" in einer Krippe zur Verfügung stehen solle. Die quantitative, bauliche Entwicklung habe in den letzten Jahren zwar stark zugenommen, die unbedingt nötige innerbetriebliche „Qualitätssicherung" in Kinderkrippen sei aber erst mit Verzögerung gestartet worden. Die Ausbildung an den Fachakademien für Erzieherinnen habe nämlich lange Jahre ausschließlich die Kinder ab drei Jahre im Fokus gehabt.

 

Es gelte, sich wissenschaftlich und im praktischen Umgang Klarheit zu verschaffen, wie Kleinstkinder in der Krippe eine sichere Basis finden könnten, von welcher aus kindliches Explorieren und Lernen überhaupt erst starten und beginnen könne, erklärte Bernd Held weiter. Mit erzieherischer Sorgfalt müsse man sich in pädagogischer Reflexion Klarheit verschaffen, wie Familien mit Kleinstkindern in ihrer Erziehungs- und Bildungsaufgabe unterstützt und ergänzt werden könnten, welche Möglichkeiten der resilienten Entwicklung sich böten und nicht zuletzt, wie bereits Kleinstkinder ihre Selbstwirksamkeit erfahren und somit wichtige Voraussetzungen für eine gute Lernbiographie gelegt werden könnten.

 

Zu all diesen pädagogischen Aufgabenfeldern bedürfe es neben einem guten Gespür auch eines fundierten pädagogischen Fachwissens und immer wieder ganz besonders der Reflexion über die nichtsprachlichen Prozesse. Als besonderes Anliegen nannte Bernd Held schließlich die sach- und sozialkompetente Erziehung im Kleingruppengeschehen. Unerlässliche Voraussetzung dazu seien zuverlässige Bezugspersonen, die den Kleinen ein sicheres „BINDUNGSANGEBOT" böten mit einfühlsamer Rahmung der Selbstbildungsprozesse.

 

Der vom Röttenbacher Krippenteam engagiert aufgenommene Beratungs- und Fortbildungsprozess begleite die Erzieherinnen 18 Monate lang in der fachlichen Reflexion von Alltagssituationen und vermittle das fachliche Hintergrundwissen aus Krippenpädagogik und Entwicklungspsychologie, fasste Bernd Held den Schulungsauftrag seines „Kompetenzzentrums für kindliche Entwicklung" zusammen. Bei einer nachgewiesen „guten entwicklungsangemessenen pädagogischen Arbeit und bei einer ausgezeichneten entwicklungsbezogenen pädagogischen Arbeit" erhalte Röttenbachs Einrichtung in eineinhalb Jahren als erste im Landkreis Roth ein „Gütesiegel der Rummelsberger". Diese begehrte Auszeichnung stelle für Kinderkrippen in Bayern ein Novum dar. Vergleichbare Angebote gebe es bundesweit bislang nur für Kindergärten. Doch werde der Ruf nach Ausweisung der pädagogischen Qualität in Kinderkrippen immer lauter.

 

Natürlich ist diese zusätzliche Qualifizierungsmaßnahme mit erheblichen Kosten verbunden. Rebekka Fritz wandte sich als Leiterin des „Hauses für Kinder" deshalb an die Gemeinde um entsprechende finanzielle Unterstützung. Nachdem das Gremium ihr Ersuchen mit knapper Mehrheit negativ beschied, ging Rebekka Fritz in diesem Anliegen auf zahlreiche regionale und örtliche Betriebe zu, die rund 2300 Euro spendeten.

 

Text und Foto: Alois Osiander